INTERIOR DESIGN TRENDS 2023

ICONIC AWARDS: Interior Products zeigen intelligente Lösungen aus Produkt- und Möbeldesign

SCHLUSS MIT TAKE-MAKE-WASTE

Die große Aufgabe — verantwortungsvoll Ressourcen schonen

Was vor einiger Zeit noch als Avantgarde galt, ist heute Standard: Gutes Design ist nachhaltig!  Innovative Produkte sind langlebig, wiederverwert- und recycelbar. Zudem sollten sie energie- und ressourceneffizient designt werden. Diese Anforderungen an zeitgenössisches Design werden auch in der erweiterten Ökodesign-Verordnung der EU für nachhaltige Produkte beschrieben. Der Begriff Nachhaltigkeit meint einen ganzen Maßnahmenkatalog, der von den Akteur*innen der Branche unterschiedlich interpretiert und selektiv angewendet wird. Angefangen bei den ökologischen Kriterien – der Recyclingfähigkeit von Materialien, ressourcenschonender Produktion und Kreislauffähigkeit der Komponenten — bis hin zur Betrachtung des gesellschaftlichen Mehrwertes der Produkte und der sozialen Aspekte im Design.

Die neuen Aufgaben der Möbelbranche machen Investitionen in Forschung und Entwicklung nötig. Überall arbeiten Unternehmen und Forschungsinstitute daran, Materialströme zu lenken und regional verfügbare Wertstoffe wieder in den Kreislauf einzuspeisen. Die Ergebnisse sind neue und verbesserte Produktionsverfahren – zum Beispiel der 3D-Druck.

 

Innovatives Design spart Materialien ein

Wichtige Aspekte für das Ressourcenschonen sind die Vermeidung von Abfällen, das Einsparen von Materialien und das Recycling der schon gebrauchten Wertstoffe. Ein Beispiel dafür ist Meditri des jungen Designers Johannes Müller. Der stapelbare Hocker nutzt Steckelemente statt Schrauben und Nägeln. Das Möbelstück ist außerdem aus Holzresten gefertigt und sorgt durch seinen reduzierten Verschnitt dafür, wenig Abfall zu produzieren. Auch bei dem flexiblen Küchensystem J*GAST, entwickelt von den Holzrausch-Gründern Tobias Petri und Sven Petzold in Zusammenarbeit mit den Designer*innen Ana Relvão, Gerhardt Kellermann und Jan Heinzelmann, werden im Vergleich zu einer herkömmlichen Küche bis zu 45 Prozent Materialien eingespart. Mithilfe eines Stecksystems an der Wand angebracht, ist das System individuell anpassbar und erfüllt damit den Wunsch vieler verantwortungsbewusster Kunden nach einer hochwertigen maßgefertigten Küche.

 

Innovatives Design ist langlebig und wiederverwertbar

Möbel sollten so lange wie möglich wiederverwendet, geteilt und repariert werden und in ihren Einzelteilen wieder in einen Kreislauf zurückkehren. Damit das möglich ist, müssen sie in ihre einzelnen Bestandteile trennbar sein. Die Jury der ICONIC AWARDS 2023: Innovative Interior zeichnet mehrere Projekte aus, die diesen Anspruch erfüllen. Ein Beispiel ist das Bodd Litt Sofa des Herstellers Monoliving. Das Modulsofa nutzt in der Produktion 65 Prozent recyceltes Material und ist darüber hinaus selbst komplett recycelbar.

Auch in der Teppichindustrie ist diese Entwicklung zu beobachten: Der erste hundertprozentig zirkuläre Teppichboden NEOO, ein Produkt von OBJECT CARPET besteht aus sortenreinem, anteilig recyceltem Polyester und muss vor dem Weiterverarbeiten nicht erst aufgetrennt werden. Üblicherweise bestehen Teppichböden aus einer Kombination verschiedener Materialien, die untrennbar verklebt oder verwebt sind. Teppiche dieser Art enden regelmäßig in der Müllverbrennung. NEOO meidet nicht nur dieses Schicksal, sondern wird auch mit sehr geringem Energieverbrauch gefertigt. Ober- und Untermaterial werden mit einem Polyester-Kleber verbunden: So ist der Teppichboden monomateriell.

 

Innovatives Design setzt auf Materialforschung

Um den Umweltanforderungen gerecht zu werden, braucht die Möbelbranche neue und alternative Materialien. Dafür ist die Forschung unabdingbar. Ein gutes Beispiel ist der Wandel des 3D-Drucks in den letzten zwei Jahrzehnten. Anfänglich wurde die große Revolution des additiven Verfahrens angepriesen, doch die Entwicklung war noch nicht genügend weit fortgeschritten: Der Druck war teuer und langsam, die Produkte waren aus hartem Kunststoff und ihre Qualität litt durch die Mängel des Verfahrens. Heute können großformatige, komplexe, individualisierbare Symmetrien realisiert. Der 3D-Druck gilt zunehmend als ressourceneffiziente Fertigungstechnologie, bei der kein überschüssiges Material anfällt.

Zudem werden inzwischen vermehrt recycelte Materialien dafür eingesetzt. Auch die einst starren Strukturen des 3D-Drucks sind Vergangenheit: Auf 3D-Druck-spezialisierte Unternehmen fertigen sogar gepolsterte Sitzmöbel. Eines der von der Jury ausgezeichneten Projekte ist das Sitzmöbel Loom des norddeutschen Start-Ups Recozy, dessen Gründer*innen für ihre Sessel, Hocker und Wandregale auf 3D-Druck zurückgreifen. Durch Hohlräume wird Material beim Druck gespart und rund 90 Prozent der verwendeten Kunststoffe sind recycelt und werden aus europäischen Abfällen aufbereitet.

Beispiel-Projekte:

Meditri von Johannes Müller
J*GAST von Holzrausch GmbH, Relvãokellermann, Office Heinzelmann Ayadi
NEOO von OBJECT CARPET GmbH
BoddLitt Sofa von Monoliving (Pt.Kami Kaya Bersama)
se:air von Konstantin Thomas Sedus Stoll AG
Loom von Recozy

 

FOKUS: Intuitives Produktdesign

Intuitives Design schafft Vertrauen und unterstützt die Funktionalität

Unser Bedürfnis nach Flexibilität und Individualisierung führt dazu, dass Programme, Apps und sogar Haushaltsgeräte – in ihrer Anwendung immer anspruchsvoller werden. Hier eröffnet sich für Designer*innen eine spannende neue Herausforderung. Ihre Aufgabe ist es heute nicht mehr „nur“ ästhetische und funktionale Objekte zu entwerfen, sondern einfache und intuitiv handhabbare Designs zu entwickeln.

Intuitives Design erhielt im Bereich der sogenannten User Experience eines Internetznutzers (UX) bereits viel Aufmerksamkeit. Anwendungen wie Websites sollten so gestaltet werden, dass die User sich optimal und unmittelbar auf der Internetseite orientieren können. Doch intuitives Design ist nicht nur im Bereich der digitalen Lösungen von Bedeutung. Es lohnt sich, auch bei analogen Produkten wie Möbeln und Beleuchtung auf diese Eigenschaft zu achten. Denn klare und einfache Designs sprechen den Kunden emotional an und erwecken Vertrauen – in einer hoch technologisierten und komplexen Welt ein attraktives Attribut. Die Jury der ICONIC AWARDS 2023: Innovative Interior zeichnet mehrere Projekte aus, die diesen Anspruch erfüllen. Darunter der steckbare Holztisch Frog table von ALEUP. Er steht für Mobilität und mühelose Flexibilität zur Vervielfachung von Flächen und Räumen sowie einfaches und hochwertiges Design aus Holz.

Ein mögliches Anwendungsgebiet ist beispielsweise die Lichtgestaltung: Im Laufe eines Tages und bei verschiedenen Stimmungen wünschen wir uns unterschiedliche Lichtatmosphären und Nutzungsmöglichkeiten. Je einfacher sich Leuchten verändern lassen, desto größer ist die Freude am Objekt, die Bedienbarkeit und die Flexibilität in der Nutzung. Die Leuchte MAY von Nyta bringt all das in einem Objekt zusammen. In einem umkämpften Markt, in dem Unternehmen mit immer mehr komplexen Funktionalitäten werben, zeichnen sich außerdem Leuchten aus, die universell verständlich sind. Die Lichtkette cherry bubbls von IP44 verbindet spielerisch Funktionalität und Ästhetik.

Im Sanitärbereich kann intuitives Design zudem Barrierefreiheit unterstützen: In einer alternden Gesellschaft verbessert Design, das zu längerer Selbstständigkeit führt, das Leben seiner Nutzer*innen. So hat intuitives Design viel Potenzial, Vertrauen zu schaffen und die Welt integrativer zu machen.


Intuitives Design ist unsichtbar

Wer sich als Designer*in besonders von den Wurzeln des UX-Designs inspirieren lassen will, erfasst genau, wie ein Objekt genutzt wird und involviert den zukünftigen Nutzer schon in den Gestaltungsprozess. Lotte, ein Armlehnstuhl für ältere Menschen, entwickelt von der jungen Designerin Sarah Hossli, ist ein Paradebeispiel für intuitives Design. Auf den ersten Blick ist er ein einfacher Holzstuhl mit Polsterung. Erst auf den zweiten Blick fallen die Arme auf, die etwas länger sind als gewohnt und leicht ansteigen. Für den Nutzer allerdings findet ein intuitiver Vorgang statt: Durch die verlängerten Arme stützen sich ältere Menschen beim Aufstehen weit vorne ab. Ihr Gewicht verlagert sich so nach vorne – die Wahrscheinlichkeit, dass sie fallen, sinkt. Um sicherzugehen, dass der Stuhl wirklich funktioniert, wurden Prototypen des Designs in verschiedenen Pflegewohngruppen getestet, bis es wirklich nutzbar und intuitiv war.

Was bei Lotte zum Vorschein kommt, ist die enge Verbindungen des intuitiven Designs mit den Themen Funktionalität sowie Flexibilität und Ergonomie. Zeitgenössische Stühle sollen unsere Rücken entlasten, wir wünschen Modularität und Individualisierbarkeit. Und so wird die Aufgabe für die Designer durch Intuitives Design komplizierter, statt einfacher: Nun müssen Produkte nämlich schön und einfach sein – und trotzdem so funktional, dass die gesteigerte Erwartungshaltung befriedigt wird.

 

Beispiel-Projekte:

Lotte von Sarah Hossli
mediahub von PureLink
ClimaCon F Raumthermostate von Oventrop
cherry bubbls von IP44, Klaus Nolting
Frog table von ALEUP
MAY von Nyta